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Wert von Emotionen im Coaching

Samstag, 03 Mai 2025

Soeben habe ich auf meiner Homepage das Whitepaper „Wert von Emotionen im Coachingraum" veröffentlicht. Spannend für alle mit Führungsverantwortung, sei das in einer Linienfunktion oder im Bereich Human Ressources oder Organisationsentwicklung.

Die Kernaussagen des Whitepapers:

😅Emotionen beeinflussen unser Verhalten meist unbewusst😦

🧠 Kahnemanns System 1 & 2 dienen als Erklärungsmodell

🔐Der bewusste Umgang mit Emotionen ist Schlüssel zur Selbstführung

🪧Gefühle sind Hinweise auf Bedürfnisse (nach Rosenberg)

🛡️Emotionen im geschützten Coachingraum reflektieren

💡Praxisbeispiele & 5 konkrete Tipps

👉 Lies jetzt mein Whitepaper zum Thema und entdecke, wie der bewusste Umgang mit Emotionen deine Arbeit, dein Team und dich selbst verändern kann.  

📘 [Zum Whitepaper als PDF]

 

Wert von Emotionen im Coaching

Wie Kopf und Herz mehr Hand in Hand gehen können

Warum durchkreuzen Gefühle oft unsere Pläne? Und wie kann der bewusste Umgang mit Emotionen uns helfen, diese für ein besseres Leben zu nutzen? Das Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen im Führungsalltag wächst. Erkenntnisse der Kommunikationspsychologie und der Positiven Psychologie werden in Organisationen zunehmend genutzt. Im geschützten Coachingraum ermöglicht das Arbeiten mit Emotionen persönliches Wachstum und legt die Basis für erfolgreichere Zusammenarbeit.
Dieser Beitrag erkundet den Wert von Emotionen im Arbeitsalltag und wie diese via Coaching nutzbar gemacht werden können. Der Beitrag ermutigt dazu, Emotionen als Wegweiser zum Erfolg zu betrachten und gibt konkrete Tipps.

Warum sind Emotionen wichtig?

Wohl alle kennen das: Man nimmt sich etwas vor und hat eine recht genaue Vorstellung davon, wie alles ablaufen soll. Wenn es dann aber ums Umsetzen des Plans geht, kommt etwas in die Quere, was bis dahin nicht bedacht war: Dieses "Etwas" sind spontan aufkommende Emotionen. Angst, Wut und Trauer sowie die angenehme Emotionen Freude steuern das eigene Verhalten in eine andere als die vorgestellte Richtung. Sie beeinflussen uns unbewusst und sind als Teil des Lebens im Alltag omnipräsent. 

Als kleines Beispiel: Jemand nimmt sich vor, nach einem strengen Bürotag mit den Teenagern am Abend wertschätzend und geduldig umzugehen. Kommen die dann ungeduldig und hungrig nach Hause und lassen ihre nassen Kleider und Schuhe auf dem Boden liegen, reagiert man verärgert und autoritär. Die spontan aufkommenden Emotionen und unbewussten Verhaltensmuster überrumpeln einen förmlich.

Wir haben angenehme und unangenehme Emotionen und Gefühle, ob wir wollen oder nicht. Sie sind wichtig, weil sie einen direkten Einfluss auf unser Verhalten haben.

Zwei menschliche „Betriebssysteme"

Nobelpreisträger Daniel Kahnemann unterscheidet in seinem Buch "Thinking, Fast and Slow" zwei Arten des Denkens: Das schnelle, instinktive und emotionale System 1, und das langsamere, Dinge durchdenkende und logische System 2. Das schnellere System 1 setzt sich vor allem unter Stress durch.

Neurologisch handelt es sich beim System 1 vereinfacht ausgedrückt um das limbische System im Stammhirn, das Signale aus dem vegetativen Nervensystem aufnimmt („Herz“). Hier finden unmittelbar chemische Prozesse in uns statt, die wir nicht unterdrücken können. Diese Prozesse sind angeboren und entsprechend universal. Reflexe und Affekthandlungen sowie nonverbale Signale sind gute Beispiele für emotional gesteuertes Verhalten.

Das trägere System 2 ist unser logisch denkendes Grosshirn („Kopf“). So ist zum Beispiel das Festlegen von Jahreszielen für eine Abteilung ein logischer, weitgehend emotionsloser Prozess (das ist nicht ironisch zu verstehen). Es geht um Struktur und Logik, verständliche und überprüfbare Formulierungen, um betriebswirtschaftlich notwendige Zustände, die mit einem Team oder einer Mitarbeiter:in erreicht werden sollen.

Bewusster Umgang mit Emotionen & Gefühlen

Möchten wir unsere ganzen Ressourcen, emotionale wie intellektuelle, zieldienlich einsetzen, wird die Reflexion emotionaler Momente zentral. Im Nachdenken über das emotionale Erleben können wir uns den Gefühlen bewusst werden. Gefühle sind eine subjektive Interpretation von Emotionen. Im inneren Dialog entsteht so auch die Brücke zwischen den zwei Betriebssystemen mit den zunächst unbewussten Gemütsregungen im Stammhirn und dem Bewusstsein und Worten für Gefühle im Grosshirn.

Emotionen und Gefühle sind normal und wichtig, weil sie unser Verhalten und Erleben steuern. Ein bewusster Umgang (Kopf) mit auftretenden Emotionen (Herz) kann eine überlegte Reaktion auf äussere Anreize ermöglichen und damit wesentlich zu mehr Glück und gemeinsamem Erfolg beitragen, kurz: Kopf und Herz helfen, Hand in Hand zu gehen.

Gefühle als Wegweiser

Was den Menschen antreibt sind unerfüllte Bedürfnisse. Marshall Rosenberg zeigte in seiner „gewaltfreien Kommunikation“ auf, dass Gefühle präzise Hinweise auf Bedürfnisse sind. Hinter jedem Gefühl steht ein Bedürfnis. Sind Bedürfnisse befriedigt worden, kommt Freude in uns hoch, wir haben positive Gefühle. Unerfüllte Bedürfnisse hingegen sind unsere stärksten inneren Antreiber. Sie lösen in uns Emotionen aus, die als Teil unseres Betriebssystems 1 normal sind und die nicht "beseitigt" werden können. 

Die Frage im Coaching Raum ist also nicht "Wie kann ich negative Gefühle vermeiden?" sondern "Wie kann ich meine auftretenden Emotionen erkennen, annehmen und nutzen? Wie fühle ich mich genau? Warum? Was ist mir eigentlich wichtig? Wie kann mir mein Gefühl helfen, mein Bedürfnis zu erkennen und mich dafür einzusetzen?“

Emotionen im Coachingraum thematisieren

Der Coachingraum ist in ein streng vertraulicher Kontext. Im geschützten Raum baut ein professioneller Coach über die Zeit tiefes Vertrauen mit der Klient:in auf. Im Gespräch können Ressourcen wie emotionale Erlebnisse, Gefühle, Signale im Körper und rationale Gedanken der Klient:in reflektiert werden. Mit Fragen des Coach findet die Klient:in eigene Antworten:

  • Welche Emotionen haben die Klient:in im reflektierten Moment beeinflusst?
  • Wie hat sie sich selbst erlebt, als sie in einer Besprechung nicht mehr zuhören konnte?
  • Wie hat sich die Klient:in gefühlt, als sie ein geplantes Verhalten umsetzen konnte?
  • Welche Gemütsbewegungen hat sie dabei wahrgenommen?
  • Woran würde sie erkennen, dass eine wichtige Entscheidung für sie „stimmig“ ist?

Über solche Fragen im Coachingraum identifizierte Emotionen sind hilfreich, um eigene Gefühle und Verhaltensmuster besser zu verstehen. Im Dialog reflektieren Coach und Klient:in emotionale Momente. Dabei wird sich die Klient:in ihrer Gefühle bewusst. Der Coach kann unter Zuhilfenahme seiner Aussenperspektive Rückmeldungen darüber geben, wie die Klient:in im Coachingraum verbal und nonverbal über Emotionen und Gefühle spricht. Oft sind es auch feine Veränderungen im Ausdruck der Klient:in während dem Coachinggespräch, die der Coach wahrnehmen und als Erkenntnis fördernde Beobachtung zurückspiegeln kann.

Bessere Coaching-Ergebnisse dank Gefühlen

Verschiedene Coachingtechniken können dabei helfen, Emotionen und Gefühle der Klient:in im Coachingraum als Ressource zu nutzen. Auch die Werte und Stärken der Klient:in sowie der Verstand sind hilfreiche Ressourcen um das Coaching-Anliegen zu unterstützen.

Dr. Gunther Schmidt hat in den 80er-Jahren die hypnosystemische Therapie begründet. Er unterscheidet darin den gewünschten, willkürlichen Zustand in der Zukunft und das unwillkürliche Problemerleben in der Vergangenheit. Die Formulierung „Es ist mir einfach so geschehen“ bringt treffend zum Ausdruck, dass wir oft von im Unbewussten aktivierten Emotionen überwältigt werden. Das schnellere System 1 nach Kahnemann lässt grüssen. Bevor wir uns positiven oder negativen Gefühlen bewusst sind, haben wir bereits reagiert.

Dieses überwältigt sein ist aber nur hinderlich, wenn wir dadurch irrational und unerwünscht reagieren. Egal ob wir nach der Zusage eines Kunden zu einem grossen Auftrag euphorisch werden und eine Verabredung vergessen, oder ob wir nach der Absage wütend werden, im Coachinggespräch können solche Gefühlsregungen bewusst gemacht und für das Coachinganliegen genutzt werden. Durch Emotionen aktivierte körperliche Signale können so zu einer Art Frühwarnsystem für künftige Situationen werden. Schmidt spricht vom „Utilisieren“ unwillkürlicher Phänomene (siehe auch konkretes Praxisbeispiel 1 in der Box auf der nächsten Seite). Die Klient:in kann körperliche Signale utilisieren, in dem sie beispielsweise einen „Wenn-Dann-Plan“ entwickelt: „Wenn ich bemerke ich kriege keine Luft mehr, dann rufe ich mein beabsichtigtes Verhalten ab, um wieder handlungsfähig zu sein.“ Der Plan kann im Coachingraum ausgeschmückt und risikofrei geübt werden.

Utilisiert werden im Coachingraum nicht nur Gefühle, sondern auch bisher unbewusste Stärken der Klienten, deren Wertvorstellungen und deren Verstand. Die Fähigkeit, Unbewusstes bewusst zu machen und damit die Selbstregulation zu verbessern wird auch „Metakognition“ genannt. Coaching kann diese Fähigkeit fördern, wie in den nachstehenden Beispielen illustriert wird.

Beispiel 1: Blockade durch negative Emotionen

Ein Klient berichtet über eine innere Blockade. Er muss vor der Geschäftsleitung im Boardroom wichtige Projektanträge begründen und beschreibt sein inneres Erleben so: „Wenn nach der Präsentation meiner Anträge der Geschäftsführer seinen Board-Kollegen kritisch die Frage stellt „Hey Kollegen, brauchen wir das wirklich?“, verkrampft sich meine Kiefer-Muskulatur. Ich bringe keinen Ton mehr raus.“ Er beschreibt im Coachinggespräch weiter, wie sein Mund trocken wird und er unbeweglich dasteht. Das alles ist wie ein innerer Film der spontan abläuft, mit dem Ergebnis, dass sein Zugang zu seinen Stärken blockiert ist bzw. sein Antrag abgelehnt wird. Hinter dieser körperlichen Reaktion verbirgt sich, wie sich im später Coachinggespräch herausstellt, dass tiefe Bedürfnis nach Erfolg und Anerkennung. Die Blockade ist ein wertvolles Signal seines Körpers, dass er Angst davor hat, abgelehnt zu werden mit dem Antrag und als Person. Im Coachingraum entwickelt er einen Plan, wie er beim Auftreten dieses Stresssymptoms handlungsfähig bleiben kann. Er nimmt sich vor, dann nicht weiter zu erstarren, sondern tief durchzuatmen und das Gefühl abzurufen, das er beim Projekterfolg haben wird. Er utilisiert so die zu erwartende Reaktion seines Körpers. Ausserdem entwirft er zusammen mit dem Coach einen inneren Wunsch-Film, der ihm sein gewünschtes Verhalten während der Präsentation und beim Vortragen seiner Argumente unterstützt. Eine SMS des Coach am Morgen vor der entscheidenden Präsentation bestärkt ihn weiter in seiner Verhaltensstrategie. So gelingt es ihm, ein Schlüsselprojekt durchzubringen und damit wesentlich zum Unternehmenserfolg beizutragen. Seine SMS-Antwort an den Coach nach der Sitzung: "Strategie hat funktioniert.“

Beispiel 2: Mangelnder Zugang zu Emotionen

Eigentlich können alle Menschen ihre Gefühle wahrnehmen. Manchmal ist der Zugang zu dieser Wahrnehmung allerdings eingeschränkt. 

Ein besonders eindrücklicher Fall war eine weibliche Führungskraft, die auf die Frage, wie sie sich denn in einer von ihr berichteten Alltagssituation fühle, sagte: "Ich weiss es nicht. Ich fühle nichts."

Ziel dieser Klientin war, bessere Beziehungen im Beruf zu haben. Im Coachingraum zeigte die Suche nach emotionalen Momenten in ihrem Leben: Ausnahmen gab es durchaus. Diese wurden genau beleuchtet, akribisch wie mit einer Taschenlampe. So unbedeutend aus ihrer Sicht zu Beginn diese Gefühle jeweils waren, es gelang ihr durch das Ergründen und Beschreiben früherer körperlicher Signale, Gefühlsregungen mehr und mehr zu erkennen. So konnte sie beginnen, in Führungssituationen einen Selbst–Check zu machen, innezuhalten und sich mehr und mehr in andere hineinzuversetzen. Technisch ausgedrückt war damit die Firewall zwischen ihren beiden Systemen Kopf und Herz geöffnet. Ihre Verbindung mit Kolleginnen haben sich dadurch über die Zeit deutlich verbessert.

Fazit

Emotionen und Gefühle sind menschlich und hilfreich. Wir können lernen, sie rascher zu erkennen, zu benennen, und dadurch die Basis für den konstruktiven Umgang mit ihnen zu legen. Der Coachingraum ist der ideale Rahmen, um in die Welt des emotionalen Erlebens einzutauchen. Hier kann der Wert von Gefühlen für das Erreichen von Anliegen genutzt werden. Und das, was für das Individuum gilt, gilt auch für Teams. Es kann sehr sinnvoll und zieldienlich sein, die in einem Team auftretenden Emotionen aufzuspüren, um sie in das Miteinander zu integrieren, sie für die Zielerreichung nutzbar zu machen und für vermeintlich hinderliche Emotionen einen guten Umgang zu finden.

5 Tipps: 

  1. Sag wie’s dir geht. Benenne Emotionen und Gefühle.
  2. Führe ein Logbuch deiner positiven und negativen Gefühle.
  3. Spiegle bei Feedback, welche emotionale Wirkung das Verhalten deines Gegenüber auf dich hatte.
  4. Erkenne Stress und atme mindestens einmal tief durch, bevor du reagierst.
  5. Skizziere gedanklich deinen Wunsch-Film für beruflich herausfordernde Situationen.
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