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5 Gründe, warum Sie Ihre To Do-Liste vergessen sollten

Montag, 20 Januar 2014

Pflegen Sie täglich Ihre Aufgabenliste? Oder denken Sie sie sollten? Dann lesen Sie weiter, denn ab heute empfehle ich jedem, der sich besser organisieren möchte: Vergessen Sie Ihre To Do-Liste!

Jahrelang habe ich an Aufgabenlisten geglaubt. Doch seit dem 1. Dezember 2013 aber bin ich To Do-Listen befreit. Anstelle von langen aufwändigen Listen setze ich mir Termine mit mir selber zum Anpacken wichtiger Dinge. Und ohne To Do-Liste es geht mir blendend.

Dahinter steckt mehr als nur eine veränderte Arbeitstechnik. Wer mich kennt, als Kunde oder Kollege, weiss: Ich bin recht strukturiert, für viele vorbildich organisiert und mit mir selber experimentierfreudig. Aufgabenlisten habe ich während Jahrzehnten durchaus erfolgreich eingesetzt. Bereits als Student, noch im Zeitalter der guten alten Papieragenda und Time-Systems, entwickelte ich auf meinem ersten Mac eigene Listen. Mit dem Einzug der elektronischen Agendas experimentierte ich mit Palm Pilots und schliesslich iPhones. Das Ergebnis war jeden Tag identisch, egal ob auf Papier oder elektronisch organisiert: Viel vorgenommen, wenig umgesetzt. Dies alles bei beträchtlichem Selbstorganisationsaufwand! Stunden, Tage, wohl Wochen gingen ins Land beim Erfassen, Priorisieren, verschieben und Abhaken unzähliger kleiner Aufgaben in umfangreichen Listen. In den Anfangszeiten der elektronischen Organizer kamen noch technische Abgleichprobleme dazu, auch das zeitaufwändig und Umsetzungsenergie raubend.

So habe ich im Herbst auf dem Rückflug aus den USA beschlossen, ab dem Dezember mal ganz ohne Aufgabenliste zu leben. Dies sind die Hauptgründe:

1. Termine kreieren im Gegensatz zu Aufgaben ein "Es gibt kein zurück"-Gefühl. Wie kommen wir von einer Absicht bzw. einem Bedürfnis zu einer Handlung? Die ganze Motivationstheorie und unzählige Autoren haben sich schon mit dieser Frage beschäftigt. Der Rubikonprozess, verwendet beispielsweise im Zürcher Ressourcen Modell, beschreibt die psychologischen Phasen, die zwischen Bedürfnis und Handlung durchschritten werden. Der Rubikon als Metapher beschreibt den Zustand von Cäsars Truppen, als sie auf dem Weg nach Rom den Fluss Rubicone überqueren mussten. Nach dem Befehl, den Fluss zu überschreiten, gab es kein Zurück mehr.  Der Ausdruck „den Rubikon überschreiten“ steht als Metapher dafür, sich unwiderruflich auf eine riskante Handlung einzulassen. Sobald ich die Intention habe, etwas zu tun, tue ich es wirklich. Und das ist der Unterschied zwischen einer Aufgabe und einem Termin mit mir selber: Der Termin ist die konkrete Intention, etwas zu tun, egal was dazwischen kommt.

2. Meine Gehirn-Bühne wird frei für meine Aufgabe. Aus der neurologischen Forschung weiss man, dass unser Gehirn nur beschränkt viele Informationen verarbeiten kann. Unsere Frontallappen, gleich hinter der Stirn für die Triage hereinkommender Informationen zuständig, priorisiert fortlaufend. Ziel der Aufgabenlisten ist es eigentlilch, die Frontallappen zu entlasten. Die Komplexität der Listen nimmt aber mit der Anzahl der Aufgaben ins Unüberschaubare zu. Bis zur paradoxen Situation, dass die unübersichtliche To Do-Liste unser Gehirn mehr belastet, als sie es entlasten würde.

3. Ich kann meine To Do-Liste nicht mehr ernst nehmen: Wie wirkt das Gefühl am Abend auf Sie, wenn mehr Aufgaben auf Ihrer langen To Do-Liste noch offen sind als erledigt? Sie fühlen sich wohl darin bestätigt , dass Ihr Job anspruchsvoll ist. Dass zu vieles Ihren Plan durchkreuzt. Und dass Sie ohnehin zu viel auf dem Tisch haben. Sehr Motivierte (ich zähle mich dazu) nehmen sich für den nächsten Tag also noch mehr vor. Planen wir das Unerledigte am nächsten Tag wieder ein, inklusive den neuen Themen, so muss der Rückblick am nächsten Abend ähnlich ernüchternd ausfallen. Wir glauben mit der Zeit selber kaum mehr an unsere To Do-Liste und nehmen diese entsprechend zu wenig ernst. Willkommen, liebe Störung! Damit wären wir auch gleich beim nächsten Punkt:

4. What you focus on expands. Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, geht Energie unsere hin. Eine Liste mit vielen Verpflichtungen und Ideen ist die ideale Basis für unsere Aufmerksamkeit, sich zu verzetteln. Lieber dies tun? Oder das anpacken? Oder doch jenes kurz erledigen, damit es vom Tisch ist? Während Sie mit dem Blick auf die Aufgabenliste immer noch abwägen und priorisieren, ist dies als Termin ("es gibt kein zurück") eingeplant bzw. bereits erledigt.

5. Egal wie Sie sich bevorzugt organisieren, To Do-Listen schaffen negative Sachzwänge. Es liegt in der Natur des Menschen, sein Leben in einer bestimmten Art und Weise zu organisieren. Wir unterscheiden zwei typische Präferenzen, die beispielsweise in einem Myers Briggs Type Indicator-Test (MBTI) aussagekräftig gemessen werden können:

  • Strukturierte Menschen neigen dazu, ordentlich und organisiert zu sein und Entscheidungen schnell zu treffen. Für Strukturierte sind Aufgabenlisten darum ein Organisationsmittel, das sie lieben, einsetzen und als Verpflichtung sich selber gegenüber verwenden. Kommt Ungeplantes dazwischen, können sie das selten gut annehmen und damit umgehen. Die Aufgabenliste wird zur unflexiblen Falle, die sich auf das Verhalten im Kontext und die Effizienz negativ auswirken kann.
  • Weniger Strukturierte sind eher anpassungsfähig und lassen Dinge so lange offen wie möglich. Für weniger Strukturierte wären Aufgabenlisten wohl hilfreich, um hier und da verbindlicher zu sein. Im Tagesverlauf ist aber jede ungeplante Störung eine willkommene Abwechslung. Flexibel orientierte Menschen sind womöglich froh, wenn die Störung beweist, dass die Planungszeit Zeitverschwendung war. Das müssen sie sich nicht nochmals beweisen.

Dies waren für mich genügend gute Gründe, meine Aufgaben nicht mehr in To Do-Listen zu schreiben. Immer dann, wenn ich bisher eine Aufgabe erfasst hätte, setze ich mir einen Termin in meine Agenda. Die bisher 7 Wochen Erfahrung mit dieser Vorgehensweise geben mir ein hervorragendes Gefühl. Ich bin gespannt auf weitere Erfahrungen, auch Ihre natürlich.

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