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Der Trigger – mehr als nur ein Abzug

Freitag, 15 April 2016

„Im Konflikt von Umgebung und Willenskraft gewinnt normalerweise die Umgebung.“ Dies ist ein Kernsatz im neusten Buch "Trigger" von Marshall Goldsmith, dem amerikanischen Starcoach, der Stakeholder Centered Coaching entwickelt hat.

„Trigger“ bedeutet in der englischen Sprache „Abzug“, mit andern Worten jener gekrümmte Hebel, der bei einer Schusswaffe den Zündmechanismus auslöst und damit den Schuss abgibt. In diesem Kontext ist der Trigger etwas, was der Handelnde mindestens vom mechanischen Prinzip her kontrolliert. Ob er sein Ziel trifft und wie gut, ist damit aber noch nicht garantiert.

Ein Physiotherapeut denkt beim Wort „Trigger“ wiederum an etwas völlig anderes: Der Triggerpunkt ist jener Knotenpunkt in einer verspannten Muskulatur, der sich ohne fremde Hilfe nicht mehr entspannt. Ein kräftiger Fingerdruck des Therapeuten – er kommt einem endlos lang vor – bringt mit der Zeit die Lösung. Kräftige Schmerzen sind die unangenehme Nebenerscheinung, namentlich, wenn der Physiotherapeut noch ein T-förmiges Hölzchen zu Hilfe nimmt.

Marshall Goldsmith wiederum definiert einen „Trigger“ als „irgendeinen Stimulus, der unser Verhalten beeinflusst“. Dieser Stimulus kommt von aussen auf uns zu. Ich unterscheide dabei zwei Arten von Triggern: 

  • Erstens die alltäglichen kleinen, erwünschten und unerwünschten Auslöser von Verhalten. Der Duft des Kaffees am Morgen, der Klingelton des Telefons, die Mail-Eingangsanzeige, das nervöse Beinwippen meines Kollegen unter dem Sitzungstisch. 
  • Zweitens gibt es lebensverändernde Trigger, die mit einem markanten Auftreten eine grundlegende Lebensveränderung auslösen können. Der deutsche Reformator Martin Luther soll sich entschieden haben, Mönch zu werden, als ein Blitz unmittelbar neben ihm in den Boden einschlug und ihn zu Boden warf. Man spricht diesbezüglich vom „Gewittererlebnis“. Der spanische Edelmann Ignatius von Loyola wiederum verwandelte sich vom notorischen Spieler, Playboy und Raufbold zum strenggläubigen Ordensgründer während einer langen Rekonvaleszenz – eine steinerne Kanonenkugel hatte einen wüsten Trümmerbruch im Bein bewirkt. Gemeinsam ist beiden, dass zugegebenermassen extreme externe Faktoren hier zu einer vollkommenen Neuorientierung führten. 

Sowohl Luthers Blitz wie Loyolas Kanonenkugel hätten keineswegs zu den historisch dokumentierten lebensprägenden Wandlungen führen müssen. Es war in beiden Fällen eine enorme Willenskraft, welche die beiden Männer dazu brachte, das Steuer in ihrem Leben radikal herumzureissen.

Noch dramatischer ist die Willenskraft, die der jüdische Psychologe Viktor Frankl (1905-1997), der wie durch ein Wunder den Aufenthalt in verschiedenen Konzentrationslagern der Nazis überlebte – anders als der grösste Teil seiner Familie. Trotz Folter und schlimmsten Demütigungen lehnte es Frankl ab, einfach Opfer zu sein. Sein Kernsatz ist: „Zwischen Stimulus und unserer Antwort darauf gibt es einen Raum. In diesem Raum ist es in unserer Macht, zu wählen, was unsere Antwort sein soll. In unserer Antwort liegt unser Wachstum und unsere Freiheit.“ – Kein Wunder, wurde Frankl zu einem Vorbild für seine Mitgefangenen.

Man kann Luther, Loyola und Frankl noch so stark achten oder bewundern, für die persönliche Wandlung, für den persönlichen Erfolg in einem selbst gewählten Verhaltensänderungsprogramm hilft nur harte, beharrliche Arbeit an sich selbst. Der konstruktive Umgang mit Triggern entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. Ein Coach kann helfen, weil er wie sein Pendant am Fussballfeld die qualifizierte Aussensicht, den Überblick und die Erfahrung hat. Aber der Schweiss ist vom Gecoachten, vom Coachee zu vergiessen. 

Marshall Goldsmith gibt den Veränderungswilligen in seinem Buch etliche Werkzeuge für den Umgang mit Triggers mit auf den Weg. Eines stellen wir heute vor, das „Rad des Wandels“ mit vier hauptsächlichen Navigationsinstrumenten:

  1. Schaffen: Positive Elemente definieren, die wir in Zukunft erschaffen wollen.
  2. Bewahren: Positive Elemente bezeichnen, die wir in Zukunft erhalten wollen.
  3. Eliminieren: Negative Elemente benennen, die wir in Zukunft loswerden wollen.
  4. Akzeptieren: Negative Elemente auswählen, mit denen wir in Zukunft zu leben lernen müssen.

Im Verstehen der eigenen "Triggerpunkte" - hier sind nun nicht die physischen gemeint, sondern die Auslöser von Verhalten, das wir bewusster schaffen, bewahren, eliminieren oder akzeptieren möchten - steckt der Schlüssel zu einem erfolgreicheren Umgang mit der eigenen Willenskraft und Triggern.

Allen, die sich vor grossen Aufgaben fürchten, sei folgende Geschichte erzählt: Der geniale englische Naturwissenschafter Isaac Newton (1643-1727) sei denkend unter einem Apfelbaum gesessen, worauf ihm ein Apfel auf das Haupt fiel: Dies habe ihm die Grundidee für die Gravitationstheorie gegeben. Dies wäre somit ein weiteres Beispiel von anfänglich schmerzhaften Triggern, die schon bald Gutes bewirken…

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